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Bagua Zhang – die Hand der Acht Trigramme

25.11.2021 18:31

Ein Gastbeitrag von Thomas Richter (Liao Fan)

Bagua Zhang ist eine der faszinierendsten Inneren Kampfkünste und ebenso wie Taijiquan und Xingyiquan zählt sie zu den sogenannten „inneren Kampfkünsten“. Die Aussprache des Namens ist betont weich: „bah-ghuah-dschang.“

Die Beherrschung der chinesischen Kampfkunst Bagua Zhang gilt als sehr schwierig und höchst anspruchsvoll.
In dem Wort „Bagua“ liegen die kosmischen Prinzipien der „Acht Trigramme“ aus dem Daoismus bzw. dem Buch der Wandlungen (YiJing) zugrunde. Das Wort „Zhang“ Hand oder offene Hand impliziert, das man mit offenen Händen kämpft, Handflächen-stöße und -Stiche sind daher hauptsächliche Techniken, es gibt aber auch eindrucksvolle Fusstritte und Kicks. Bagua Zhang kann man eigentlich als „Nahkampftechnik“ bezeichnen, aber durchaus lassen sich mit besonderer Schrittechnik auch größere Distanzen überwinden. Die Varietät im Namen „Bagua Quan“ wird auch oft verwendet, das ist aber keine andere Kampfkunst, sondern eher eine Stil-Variante.

Um ca. 1850 wurde Bagua Zhang in Beijing (Peking) durch den Meister Dong Hai Quan bekannt, der als Begründer gilt. Dong Hai Quan arbeitete als Angestellter im Dienste eines kaiserlichen Prinzen, als seine besonderen Kampfkunstfähigkeiten entdeckt wurden. Über den Ursprung seiner Methode weiß man heute nur, dass er von einem daoistischen Priester im Jiu Hua Gebirge unterwiesen wurde. Tatsächlich gibt es heute noch alte Bagua Überlieferungen, die sich auf zwei daoistische Würdenträger zurückführen lassen. Man nimmt an, dass die Bagua Übungen aus den rituellen Tänzen und Qi Gong der Daoisten entwickelt wurden. Mit Dong Hai Quan und seinen 72 (!) Schülern wurde Bagua Zhang in China sehr schnell bekannt. Nach seinen vielen Schülern & Meistern entwickelten sich eine Menge Unterstile deren Zahl und Vertreter heute kaum zu übersehen ist.

Eine sehr seltene und bis heute kaum geübte Form des Bagua Zhang begründet sich auf den daoistischen „Bruder“ des Lehrers von Dong Hai Quan, Bi Yue Xia und wird als „Li-Bagua Zhang“ (Trigramm „Li“-Feuer, Dong´s Bagua als „Kan“ Wasser…) bezeichnet.

Die für eine Kampfkunst erstaunliche Übungsmethode des Bagua Zhang ist mit wechselnden Geschwindigkeiten, Richtungen und verschieden hohen oder tiefen Positionen im Kreis zu gehen. Dabei werden mit spiralförmig drehenden und runden Armbewegungen die Hände zu ausdrucksvollen Handhaltungen (zhang) geformt.
Mit diesem Kreisgehen baut der Bagua-Übende langsam seine innere Energie, Struktur, Stabilität sowie Agilität und kämpferische Intention auf.

Die Grundform des Bagua Zhang sind die „Acht Alten Hände“ (Lao Ba Zhang) oder „Acht Mutterhände“ (Ba Mu Zhang). Auf diesen aufgebaut übt man die Form der „Acht Großen Hände“ (Ba Da Zhang). Sie stellen eine Art vollständiges Grundlagenprogramm dar, in deren „Wechseln“, Abläufen und Positionen sich der Übende solange widmen soll, bis er alle für das Bagua Zhang erforderlichen Fähigkeiten in innere Energie, Struktur und Stabilität erreicht hat. Sie stellt gleichfalls eine Art „Essenz“ des Bagua Zhang dar. Daneben gibt es eine Vielzahl von Grundübungen, Handwechseln und Qi Gong-Ständen (Zhan Zhuang Gong), Handformen (je nach Stil 1 oder mehrere), und Partnerformen sowie einige sehr spezielle Waffenformen, die nur im Bagua Zhang vorkommen.
Diese Waffenformen sind u.a. die berühmten Bagua Doppel-Mondsichelmesser (Zi Wu Yuan Yang Yue), der Große Bagua Säbel (Bagua Da Dao), der Bagua Doppel Kopf Schlangen Speer (Bagua Shuang Tou She Qiang) oder auch sehr spezielle Haken-Schwerter und Nadeln. Mit der Tradition des Meister Bi Yue Xia ist auch das mit dem Bagua Zhang verbundene Schwert als Wudang-Schwert/Kun Wu-Schwert überliefert.

Die hervorragenden gesundheitlichen Wirkungen von Bagua Zhang sind hierzulande ebenso wie der Stil leider noch wenig bekannt und beachtet. Das Gehen-im-Kreis hat eine erstaunlich gute Wirkung auf das zentrale Nervensystem (Gleichgewicht, Koordination, Reaktionsvermögen etc.)
Die Bagua-Positionen stärken Hüfte und Beine, den Rücken, mit sehr aufrecht gehaltener Wirbelsäule durchziehen die Arme und Hände spiralförmige Kreise und Drehungen, die alle Meridiane öffnen und das „Qi“ die innere Lebensenergie zum Fließen bringen. Das Bagua Zhang ist ein hervorragendes „Qi Gong“ das alle gesundheitlichen und kampfkünstlerischen Ziele bis zur höchsten Form ermöglicht.

Das Bagua Zhang entstand zu gleichen Zeit wie das Taijiquan und wurde auch mit dem in dieser Zeit systematisierten Xingyiquan als die 3 inneren Kampfkünste berühmt. Von seinen zeitgenössichen Meistern weiß man, das sie sich oft in allen 3 Künsten übten, sich immer wieder austauschten und Techniken gemeinsam weiter entwickelten. Wer das Glück hat, bekommt auch heute noch eine der von diesen Meistern sehr geschätzte und lang geheimgehaltene Form zu sehen, die eine „Essenz“ aus diesen 3 Künsten darstellt (Bagua Taijiquan).


Thomas Richter

  • adoptierter Schüler (tudi) von ShiFu Meister Li Suiyin,
  • Chinesischer spiritueller Name: „Tuo Liao Fan“ (Den Staub der Welt hinter sich lassend)
  • Taijiquan-und Kampfkunst Lehrer
  • Vizepräsident der Xian Zhang Xiang Wu Martial Arts Association,
  • Vizepräsident der Wu Zhong Bajiquan Association“

TAIJIQUAN-SÄCHSISCHE SCHWEIZ
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